Wiesbaden – Stadt des 19. Jahrhunderts

Wiesbaden – Stadt des 19. Jahrhunderts

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Städtereise

Wiesbaden – Stadt des 19. Jahrhunderts

Die Villa Clementine, in der der Prinzen-Raub erfolgte, Foto: Volker Ammann
Weißes Haus in Wiesbaden. Hier lernte Elvis Presley seine spätere Frau Priscilla kennen, Foto: Volker Ammann
Staatstheater Wiesbaden, Vordereingang, Foto: Volker Ammann
Kaiser Wilhelm-Denkmal, auf dem früher Friedrich Schiller stand, Foto: Volker Ammann
Prachtvolle Fassade des Kurhauses Wiesbaden, Foto: Volker Ammann
2021 Weihnachtssterne schmücken den Weihnachtsbaum im Foyer des Kurhauses, Foto: Volker Ammann
Die Langgasse, Wiesbandes Einkaufsmeile, Foto: Volker Ammann
Der Kochbrunnen, aus dem 67 Grad heißes Mineralwasser aus 2000 Meter Tiefe kommt, Foto: Volker Ammann
Eins, der letzten 30 Grand-Hotels in Wiesbaden: Der Nassauer Hof, Foto: Volker Ammann
Café Maldaner, das größte Wiener Kaffeehaus außerhalb Wiens, Foto: Volker Ammann
Im Café Maldaner hat man die Qual der Wahl, Foto: Volker Ammann
Das Haus der Gesellschaft für Deutsche Sprache, indem das Wort des Jahres gekürt wird, Foto: Volker Ammann
Das älteste Haus Wiesbadens: Das Alte Rathaus, das heute als Standesamt dient, Foto: Volker Ammann
Im Hintergund: das Bäckerhaus mit dem zweiten Minaralbrunnen, diente Handwerkern früher als kostenlose Wasserstelle, Foto: Volker Ammann
Der Sternschnuppen-Markt, Wiesbadens Weihnachtsmarkt mit der Marktkirche im Hintergrund, Foto: Volker Ammann

Wiesbaden ist ganz Stadt des 19. Jahrhunderts. Diese einmalige Entwicklung beruht auf der Tatsache, dass sich die heutige hessische Landeshauptstadt im Laufe dieses Jahrhunderts von einer bescheidenen Kleinstadt mit 2.500 Einwohnern im Jahr 1800 zu einer Großstadt mit heute rund 280 000 Einwohner entwickelt hat.
Von den Römern wurde Wiesbaden „Aquae Mattiacorum“ genannt – nach den hier ansässigen Mattiakern, einem Stamm der germanischen Chatten, dessen Angehörige sich vermutlich schon früh mit der ursprünglich keltischen Bevölkerung vermischt hatten. Die Stadt ist auch bekannt als Stadt des Historismus. Historismus bedeutet, dass unterschiedliche Baustile an Häusern nebeneinander sind, aber auch teilweise in dem gleichen Haus. Wenn man durch Wiesbaden läuft, nach oben schaut, und Gebäude mit so kleinen Balkonen sieht, dann waren das früher Hotels. Wiesbaden ist gut durch den Zweiten Weltkrieg gekommen. Die Stadt wurde kaum zerstört, sodass heute noch circa tausend Villen aus dieser Zeit um 1900 zu sehen sind, die unter Denkmalschutz stehen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einem internationalen Kurort. Sie wurde Hauptstadt eines Regierungsbezirks und beliebter Ruhesitz von Offizieren, höheren Beamten und Rentiers, die von ihren Pensionen beziehungsweise den Zinsen ihrer Vermögen lebten. Das Stadtbild wurde geprägt von repräsentativen Wohnhäusern, Hotelpalästen und vornehmen Villen.
1945 wurde Wiesbaden Hauptstadt des Landes Hessen, in der sich neben Behörden unter anderem zahlreiche Verlage, Versicherungen sowie Betriebe der Filmindustrie ansiedelten. Darüber hinaus spielt Wiesbaden als Kur- und Kongressstadt sowie als einer der bevorzugten Wohnorte der Rhein-Main-Region eine herausragende Rolle.
Wir beginnen unseren Stadtrundgang bei der Tourist-Information am Marktplatz, wo wir auch unseren Guide treffen. Wolfgang Niebling, Kenner der Stadt, führte uns zwei Stunden durch die Innenstadt, zeigte welche zahlreiche Sehenswürdigkeiten zu bieten hat und hatte dazu interessante Informationen für uns.

Und los geht’s.
Erste Station unseres Rundgangs ist die Wilhelmstraße, die Wiesbadener Prachtstraße. Von den Kurgästen wurde sie auch die Rue genannt, da sie an einen Boulevard in Paris erinnert. Wenn man also Luxusartikel kaufen möchte, ist man hier genau richtig.
Wir sind jetzt am Warmen Damm, vor der Villa Clementine. Der Warme Damm ist eine Parkanlage in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Er wurde in den Jahren 1859 bis 1860 am Rande des Historischen Fünfecks, der Wiesbadener Altstadt, im Stil eines Englischen Landschaftsgartens angelegt. Die Villa Clementine ist eine der schönsten Villen von Wiesbaden und dadurch gekennzeichnet, dass sie verschiedene Baustile des 19. Jahrhunderts in sich vereint. Sie ist bekannt geworden durch ein weltgeschichtliches Ereignis: Den sogenannten Prinzen Raub. Die Frau des Königs von Serbien, Königin Natalija war mit ihrem Sohn nach Wiesbaden geflüchtet. Der König von Serbien wollte den Kronprinzen jedoch zurück, und hat deshalb beim deutschen Kaiser interveniert. Am Vorabend des 13. Juli 1888 begab sich Polizeipräsident Paul von Rheinbaben in die seit Tagen schwer bewachte Villa Clementine, um der Königin mitzuteilen, dass am nächsten Morgen um zehn Uhr der Kronprinz „wenn nötig mit Gewalt …“ abgeholt werde. Am 13. Juli 1888 wurde der Kronprinz dann in einem fahrplanmäßigen Zug mit angehängtem Salonwagen, nach Belgrad gebracht.
Am Warmen Damm steht ein Ginkgo Baum, der eigentlich nur in warmen Gegenden wächst und gedeiht. Und da Wiesbaden ein sehr mediterranes Klima hat, wächst er eben auch hier. Auf der anderen Straßenseite steht das berühmte Weiße Haus des Sektfabrikanten Söhnlein. Dieser hat in Amerika die Tochter eines Brauerei Besitzers kennengelernt und hierhergeholt. Damit sie sich ein wenig heimisch fühlen konnte, hat er ein nettes kleines Häuschen im Stil des Weißen Hauses in Washington gebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die Militär Kommandantur diese Villa. Bekannt geworden wurde das Haus auch, weil später der berühmte Eagle Club drin angesiedelt war. Und dort trat dann auch Elvis Presley, Soldat in Bad Nauheim, auf.  Er lernte in dem Club die Tochter des Wiesbadener Standortkommandanten kennen und die hieß Priscilla Beaulieu. Der Rest ist bekannt: Sie haben dann geheiratet.
Nächste Station ist das Denkmal von Kaiser Wilhelm dem Ersten. Wiesbaden ist groß geworden nach 1866, nach dem Krieg der Preußen gegen die Österreicher, den diese verloren haben. Und dazu alle Gegenden, die sich an Österreicher angelehnt hatten, unter anderem die Freie Stadt Frankfurt, aber auch unser Nassau mit Wiesbaden, die von den Preußen übernommen wurden. Dazu gibt es eine kleine Geschichte. Der damalige preußische König Wilhelm, der Erste, war in Bad Ems und hat dort einen Wiesbadener kennengelernt. Und der Wiesbadener sagte zu ihm: „Wissen Sie, Majestät, wenn Sie in eine Weltstadt wollen, dann müssen Sie in Berlin bleiben. Wenn Sie eine Kurstadt wollen, sind Sie hier in Bad Ems richtig. Aber wenn Sie in eine Weltkurstadt erleben wollen, dann müssen Sie nach Wiesbaden gehen.“ Das war der Grund, warum Kaiser Wilhelm gerne nach Wiesbaden gekommen ist. Und durch den Kaiser ist Wiesbaden dann als Kurstadt sehr bekannt geworden. Denn Wilhelm hat natürlich seine preußischen Militärs, die preußische Verwaltung und somit auch den russischen Hochadel mitgebracht. Im Schlepptau des Kaisers sind dann auch die Franzosen und Engländer hierhergekommen. Die große Zeit von Wiesbaden begann.

Wir sind jetzt vor dem Wiesbadener Staatstheater. Was auffällt, ist die die schwarze Tür mitten im Gebäude, die nicht so recht zur prächtigen Fassade des Theaters passt. Würde man durch diese Tür ins Gebäude eintreten und es läuft gerade eine Vorstellung, bekommt man, je nach Grad der Störung, Applaus oder Buh-Rufe. Denn man steht direkt auf der Bühne. Der Grund dafür ist, dass wir an der Rückseite des Staatstheaters stehen. Auf der anderen Seite, über dem eigentlichen Eingang, der Spruch: „Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben. Bewahret sie.“ Dieser Spruch stammt nicht von Goethe, wie vielfach angenommen wurde, sondern von Schiller. Und deshalb steht auch Schiller auf einem Podest vor dem Theater. Die Frau, die zu seinen Füßen sitzt, ist Kassandra – oder auch: die Tragödie, die traurig in die Zukunft blickt. Über dem Sinnspruch hat man, um Eindruck zu machen, Reliefs im römischen Stil angebracht. In der Mitte sieht man die Muse auf ihrem Thron sitzen und links davon sieht man eine Dame mit einem Schleier, die hat eine schwarze Schere in der Hand hat. Damit schneidet sie den Lebensfaden, des daneben kauernden Herrn durch. Die Szene dient als Beispiel für die griechisch-römische Tragödie. Das Gegenteil der Tragödie ist die Komödie. Deswegen sieht man auf der rechten Seite zwei, die sich küssen, denn bei der Komödie wird zum Schluss immer geheiratet. Man wollte damit auch hier in Wiesbaden das griechisch-römische betonen, ohne dass es eigentlich in der Wirklichkeit so war.
Unsere nächste Station ist das Wiesbadener Kurhaus mit seiner ebenfalls prächtigen Fassade, über der die eigentliche Bedeutung des Hauses angebracht ist: Aquis Mattiacis – das geweihte Wasser der Mattiaker. Im Inneren des Kurhauses steht jetzt in der Vorweihnachtszeit auf dem Boden aus weißem Carrara-Marmor, schwarzem spanischen und braunem Marmor aus der Gegend um Wiesbaden, ein riesiger Weihnachtsbaum aus Weihnachtssternen. Die Anzahl der Weihnachtssterne richtet sich immer nach der aktuellen Jahreszahl: also sind dieses Jahr 2021 Pflanzen angebracht, die durch eine Beregnungsanlage automatisch bewässert werden. An der Decke sieht man vier griechische Götterstatuen, die entsprechenden römischen Pendants sowie gegenüber das Wiesbadener Stadtwappenmit dem preusischen Adler.
Damit sich die Kurgäste auch abends amüsieren konnten, wurde aus dem ehemaligen Wein-Saal, ein Casino. Der bekannteste Spieler seiner Zeit war Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Er war ein professioneller Spieler und hat in allen Spielkasinos Europas gespielt. 1865 hat er hier in Wiesbaden all sein Geld verloren. In seiner Not hat er an seinen Verleger geschrieben und ihn um Geld gebeten. Der Verleger schlug ihm vor: „Du kriegst noch einen Vorschuss, musst aber innerhalb von 29 Tagen einen Roman schreiben.“ Dostojewski hat sich sofort ans Werk gemacht und den Roman „Der Spieler“ geschrieben um den sich später die Kurorte, Bad Homburg, Baden-Baden und Wiesbaden, stritten, wer in dem Roman gemeint ist. Dostojewski nannte die in dem Roman beschriebene Stadt nämlich „Rouletten Burg“. Wer den Roman jedoch aufmerksam liest, kommt zu dem Schluss, es kann sich nur um Wiesbaden handeln, denn die anderen beiden Städte werden namentlich genannt. Nur eben Wiesbaden nicht.
Neben dem Kurhaus finden wir das Nizza-Plätzchen auf dem auch die Büste von Dostojewski steht. Hier finden wir auch zwei Säulen mit der Aufschrift: MDCCCX. Die Zahl 1810 erinnert an das alte Kurhaus, von dem die beiden Säulen stammen und das um 1900 abgerissen wurde, weil es nicht mehr den Anforderungen der Gäste entsprach. Das neue Kurhaus verfügte dann sogar über eine Heizung, so dass der Kurgast seinem Vergnügen auch in den Wintermonaten nachkommen konnte.

Die Anlage vor dem Kurhaus ist das sogenannte „Bowling Green“. Das lang gestreckte Rasenrechteck mit seinen zwei Kaskaden-Brunnen bekam seinen Namen von dem englischen Wort „Bowls“. Englische Kurgäste hatten nämlich bemerkt, dass man rechts und links vom Rasen sehr gut Bowle oder Boule spielen konnte. Rechts und links am Bowling Green stehen überdachte Kolonaden, durch die man das Kurhaus trockenen Fußes erreichen konnte. Mit 129 Meter Länge sind die Kolonaden die längsten Europas. Von der anderen Straßenseite der Wilhelmstraße aus, hat man den Postkartenblick aufs Kurhaus mit den Brunnen im Vordergrund. Damit dieser prächtige Blick nicht getrübt werden sollte, hat man den vorher beschrieben Eingang des Staatstheaters so schlicht gestaltet.
An der Wilhelmstraße steht auch das Denkmal Friedrichs dem Dritten. Das Kuriose an diesem Denkmal: Ursprünglich stand hier Schiller drauf, was im Sockel auch erkennbar ist. Denn hier ist der Dichter mit der Gründungsurkunde und einer Flasche Wein zu erkennen. Die Demontage Schillers und das Anbringen der Statue Wilhelms des Dritten zeigt die ganze Eitelkeit der Hohenzollern zu dieser Zeit.
Wir kommen jetzt zum Nassauer Hof, einem der ursprünglich 30 Grand-Hotels Wiesbadens. Das Fünf-Sterne-Hotel verfügt über einen eigenen Badebereich samt Quellen. Hier steigen die Großen dieser Welt aus Politik, Wirtschaft und Unterhaltung ab. Ein kleines Stück weiter, in der Spiegelstraße befindet sich das Haus der Gesellschaft für deutsche Sprache. Hier wird einmal jährlich das Wort des Jahres gekürt. 2020 war das Wort des Jahres wenig überraschend – Corona-Pandemie.

Am Kochbrunnen stehen wir vor dem sogenannten „Springer“, mit seiner rötlich-bräunlichen Farbe. Der Brunnen besteht aus den Ablagerungen des 67 Grad heißen Wassers, das aus 2.000 Meter Tiefe kommt. Das Wasser durchläuft dabei mehrere Gesteinsschichten und ist deswegen sehr mineralisch. Die Ablagerungen werden „Sinter“ genannt. Einmal im Jahr werden diese abgeschlagen, was besonders die Kunstmaler freut. Denn diese nutzen diese ockerfarbene, lichtechte Farbe für ihre Kunstwerke. Das Wasser hat angeblich heilende Wirkung und kann unbedenklich getrunken werden. Da es bis circa 1900 wenig Medizin gab, nutzten die Wiesbadener und die Kurgäste das Heilwasser als Medizin. Es wurden ein bis zwei Liter täglich davon getrunken. Einige haben sich auch in das Wasser gelegt, denn es half auch gegen körperliche Beschwerden wir Rheuma oder Gicht. Da das Heilwasser langfristig angewandt werden musste und die Kurgäste lange Aufenthalte in Kauf nehmen musste, wuchs Wiesbaden zu der bedeutenden Kurstadt, die es heute noch ist. Das Problem für die Stadt mit den insgesamt 26 Quellen besteht darin, dass das Wasser aufgrund seiner hohen Mineralität so aggressiv ist, dass es die Rohrleitungen zerstört. Deshalb kann es auch nicht zum Heizen verwandt werden und muss in Kanalisation geleitet werden.
Am Kochbrunnen stehen zwei weitere ehemalige Grand-Hotels von Wiesbaden: Das Hotel Rose und das Palast-Hotel, beide durch die kleinen Balkone gekennzeichnet. Im Hotel Rose war nach dem zweiten Weltkrieg die amerikanische Kommandantur untergebracht. Einst wollte der Pleite gegangene Frankfurter Baulöwe Schneider das Gebäude kaufen, doch er scheiterte mit seinem Vorhaben. Heute wird das Haus von der Hessischen Landesregierung genutzt. Ein weiteres Hotel, das Hotel „Schwarzer Bock“, ist eines der ältesten Deutschlands. Seinen Namen hat es von seinem Besitzer, dem damaligen Bürgermeister Wiesbadens mit Namen Bock. Und der hatte schwarze Haare. Weil zu dieser Zeit viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten, hat man kurzerhand einen Ziegenbock zur Symbolfigur gemacht.
Vorbei am Wiesbadener Museum, vor dem Goethe als Göttervater Zeus auf einem Thron mit Adler im Arm sitzt, gelangen wir in die Langgasse. Die Langgasse ist die Einkaufsstraße der Stadt mit vielen kleinen Lädchen. Von der Langgasse aus kommen wir in die Goldgasse. Ist die Langgasse die Einkaufsstraße, sind die Goldgasse, Graben- und Wagemannstraße Gourmetmeilen mit ausgezeichneten italienischen und deutschen Restaurants. Hier kommen die Sinnesfreuden in besonderem Maße auf ihre Kosten. Neben edlen Weinen und feinsten Olivenölen reizt eine Vielfalt an Gewürzen die Sinne der Besucher. Im früheren Handwerkerviertel, der heutigen Altstadt, dem „Schiffchen“, haben sich etliche Goldschmiedeateliers niedergelassen. Ihre offenen Werkstätten gewähren Eindrücke in die zumeist filigrane Kunst der Goldschmiede, die gerne auch individuelle Wünsche erfüllen.

Nachdem wir fast dreiviertel unserer Tour hinter uns gebracht haben, kommen wir zum Café Maldaner, dem ersten Wiener Kaffeehaus, das außerhalb Wiens gegründet wurde. Das riesige Kuchenbuffet lädt zum Besuch ein, was wir gerne angenommen haben. In der gemütlichen Atmosphäre haben wir uns dann von sehr freundlichen Mitarbeitern verwöhnen lassen. Das zweite Traditionskaffee Wiesbadens, die Pralinen- und Schokoladenmanufaktur Kunder, liegt an der Wilhelmstraße. Die Besonderheit des Hauses ist das berühmte Ananastörtchen, das es bereits seit dem 19. Jahrhundert hier gibt.
Vorbei am Bäcker-Brunnen geht’s Richtung Ausgangspunkt unseres Stadtrundgangs. Der Brunnen ist einer der zwei Mineralbrunnen in Wiesbaden. Er heißt Bäcker-Brunnen, weil früher die Bäcker, Metzger oder auch die Gerber hierhergekommen sind, denn das heiße Wasser brauchte man natürlich, um Brot zu backen, die Schweine zu waschen und zu schlachten oder um Leder zu gerben. Da das heiße Wasser kostenlos zu haben war, sind die Handwerker mit dicken Fässern auf ihren großen Karren hergefahren und haben das Wasser darin abgefüllt.
Wir kommen zum Sternschnuppen-Markt auf dem Luisenplatz, dem Wiesbadner Weihnachtsmarkt, der trotz Corona auch in diesem Jahr stattfindet. Wegen der Pandemie allerdings unter strengen Schutzmaßnahmen. So muss beim Betreten des Geländes rund um die Marktkirche eine Gesichtsmaske getragen werden, was am Eingang auch kontrolliert mit. Das Areal wird von riesengroßen Lilien geprägt, die mit unzähligen, beleuchteten kleineren Lilien bestückt sind. Die mehr als 120 Buden und Stände sind den Wiesbadener Farben Blau und Gold gehalten. Der Sternschnuppen-Markt ist noch bis zum 23. Dezember geöffnet, ein Besuch lohnt sich.
Die Marktkirche, die evangelische Hauptkirche, ist das höchste Gebäude Wiesbadens, mit einer Höhe von 89 Metern. Sie ist komplett aus Backstein, was für diese Gegend eine Seltenheit ist. Die Marktkirche wurde im 19. Jahrhundert erbaut, um eine andere Kirche, die abgebrannt war, zu ersetzen. Und man hat sich aus Geldgründen entschlossen, nicht Bruchsteine einzusetzen, sondern mit den Backsteinen eine glatte Fassade zu erhalten. Rund 6,5 Millionen Backsteine wurden verbaut, die den Vorteil hatten, dass sie hier in der Gegend gebacken werden konnten. Interessant sind die Ornamente um die Eingänge herum, die auch aus Backsteinen sind, denn man kann sie relativ einfach ersetzen. Bekannt ist die Marktkirche auch durch das sogenannte Carillon, ein Glockenspiel, das regelmäßig Melodien abspielt. Gegen Bezahlung kann man sich eine Melodie wünschen, die dann zu einem Zeitpunkt gespielt wird, den man selbst bestimmen kann.

Nachdem wir uns von dem weihnachtlichen Glanz verzaubern ließen, stehen wir vom Alten Rathaus. Das Gebäude ist das älteste Haus Wiesbadens und wurde 1610 erbaut. Als die Preußen die Stadt übernommen hatten, wurde das Rathaus für die Stadtverwaltung zu klein, so dass direkt gegenüber, ein größeres Gebäude errichtet wurde. Das Alte Rathaus dient heute als Standesamt. Etwas weiter kommen wir zum Hessischen Landtag. Von außen wirkt das Gebäude unscheinbar, doch wenn man die Bilder betrachtet, die davorstehen, bekommt man einen Eindruck davon, wie prachtvoll die Innenräume sind. Bis 1866 war der heutige Landtag der Sitz von Herzog Adolf. Im Zusammenhang mit Herzog Adolf spielt der Neroberg, der Wiesbadener Hausberg mit 245 Meter Höhe, eine bedeutende Rolle. Auf der Anhöhe steht die Russische Kirche, mit ihren fünf vergoldeten Zwiebelkuppeln, die von 1847 bis 1855 als Grabkirche im russisch-byzantinischen Stil erbaut wurde. Anlass für den Bau war der Tod der Gattin Adolfs, der russischen Großfürstin Elisabeth Michailovna und ihrem Kind, die beide an Tuberkulose verstarben. Damit die Großfürstin als orthodoxe Christin auf russischem Gebiet begraben werden konnte, schenkte Herzog Adolf den Hügel, der damals noch Ersberg hieß, kurzerhand den Russen. Der russische Friedhof liegt direkt neben der Russischen Kirche.
Auf den Neroberg führt vom Nerotal seit 1888 die Nerobergbahn herauf, eine mit Wasserballast betriebene Standseilbahn. Ihre beiden Wagen sind mit einem Stahlseil verbunden, das über ein nicht angetriebenes Umlenkrad in der Bergstation läuft. Der Tank des jeweils oben stehenden Wagens wird mit bis zu 7.000 Litern Wasser gefüllt. Bei der folgenden Talfahrt zieht der betankte Wagen den anderen den Berg hinauf. Die Pendelbahn fährt mit ca. 7,3 km/h und wird mit einer Handbremse reguliert. Alternativ kann man den Neroberg natürlich durch eine 15-minütigen Wanderung erobern. Von der Bahnstation aus, geht es über die Straße Wolkenbruch und anschließend einen kurzen Abschnitt den Philosophenweg entlang. Danach wandert man über Serpentinen hinauf bis zum Neroberg.

Nicht fehlen darf bei einem Wiesbaden Besuch, ein Abstecher zum Biebricher Schloss, das rund fünf Kilometer von der Innenstadt aus, am Rheinufer liegt. Das Biebricher Schloss ist eines der bedeutendsten Barock-Schlösser entlang des Rheins. 1701 als Gartenhäuschen konzipiert und bis 1703 zu einem Wohnschlösschen ausgebaut, diente es ausschließlich den Fürsten und Herzögen von Nassau bis in das Jahr 1841 als Hauptresidenz. Heute wird die Anlage von der Hessischen Landesregierung zu Repräsentationszwecken genutzt und ist Schauplatz zahlreicher Tagungen und Feierlichkeiten. Der dazugehörende Schlosspark verbindet das am Rhein liegende Schloss mit der künstliche Ruine Mosburg.

Text: Volker Ammann, Fotos: Volker Ammann

 

Camping- und Stellplätze in und um Wiesbaden

Reisemobilhafen Wiesbaden
Wörther-See-Str. 29, 65187 Wiesbaden
Telefon:  0172/6627012  (Markus Tönnessen)
E-Mail: info@reisemobilhafen-wiesbaden.de
Hochwertig ausgestatteter Wohnmobilhafen. Jeder Stellplatz verfügt über einen Stromanschluss (Achtung: Genügend 50 Cent Münzen mitnehmen). Duschmöglichkeit und Toiletten sind vorhanden, ebenso Ver- und Entsorgung an einem Terminal auf dem Platz. Eine Haltestelle für den ÖPNV ist nur rund 80 Meter vom Platz entfernt und bietet gute Verbindungen in die Stadt. Der Platz ist ganzjährig geöffnet.

Campingplatz Maarau
Maaraue 48, 55246 Wiesbaden
Telefon: 06134 2575922
E-Mail: info@campingplatz-maaraue.de  Mehrfach ausgezeichneter Platz, der direkt am Rhein und in der Nähe der Main-Mündung auf der Halbinsel „Maaraue“ gelegen ist. Schöne und gleichzeitig verkehrsgünstige Lage. Geöffnet von April bis Oktober

Campingplatz Bleiau
Bleiauweg 12, 65462 Ginsheim-Gustavsburg
Telefon: 06134 51965
E-Mail: campingplatzbleiau@gmail.com
Die Campinganlage befindet sich mitten auf der Insel auf einem Teil bewaldeten Naturschutzgebiet. Bis zum Stadtzentrum und verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten ist lediglich eine kurze Strecke zurückzulegen. In der Nähe befindet sich die Gaststätte Zum Heurigen mit gutbürgerlicher Küche.
Bei Anreise muss ein negativen Corona-Test vorweisen. Bei längeren Aufenthalten muss zweimal pro Woche ein neuer Test gemacht werden. Gilt auch für Kinder ab 6 Jahren. Wer eine zweite Impfung erhalten hat, die mindestens 14 Tage zurückliegt, gilt als vollständig geimpft, die Testpflicht entfällt.

Camping The Eppstein Project (früher TaunusCamp)
Bezirksstrasse 2, 65817 Eppstein
Telefon: 0176-1908 32 11, Ralf Bröske
150 Stellplätze, die sich locker über den Hang verteilen und in den vielfältigen Pflanzen- und alten Baumbestand eingebunden sind.
Für touristische Übernachtungen ist der Campingplatz seit Juni 21 geöffnet. Aktuell gelten die 3G Corona Vorschriften, genesen, geimpft oder getestet. Der Platz ist ganzjährig geöffnet.

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