Winterreifen oder Allwetterreifen fürs Wohnmobil?
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Winterreifen oder Allwetterreifen
fürs Wohnmobil?
„Von O bis O“: Wer kennt sie nicht, die Eselsbrücke für den eigentlich im Oktober anstehenden Reifenwechsel von Sommer- auf Winterreifen. Ist dieser Wechsel unbedingt notwendig, jetzt, wo die Winter kürzer, wärmer und schneeärmer geworden sind?
Eine generelle Winterreifenpflicht gibt es in Deutschland nicht, stattdessen eine situative (§ 2 (3a) StVO). Das heißt, dass man bei winterlichen Straßenverhältnissen, also bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte, nur mit Winterreifen fahren darf. Die Faustformel von Oktober bis Ostern ist ein grober Anhaltspunkt, der rechtlich jedoch keine Relevanz hat. Die situative Winterreifenpflicht gilt dann als erfüllt, wenn auf allen Radpositionen, also auf allen vier Rädern, Winterreifen montiert sind. Bei Zuwiderhandlung fällt unter Umständen ein hohes Bußgeld an. Der Verstoß wird für den Fahrer mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro geahndet, werden andere behindert kostet er 80 Euro. Außerdem gibt es einen Punkt in Flensburg. Dem Halter drohen 75 Euro und ebenfalls ein Punkt in der Verkehrssünderkartei.
💡 Hinweis: Seit 2017 sind nur noch solche Reifen als wintertauglich zugelassen, die mit einem Alpin-Symbol gekennzeichnet sind. Das Alpine-Symbol auch 3PMSF-Symbol genannt steht für 3 Peak Mountain Snow Flake und heißt wörtlich übersetzt: „3 Gipfel Berg Schnee Flocke“. Das heißt, dass ihre Tauglichkeit durch ein einheitliches Prüfverfahren bestätigt wurde. Für ältere Reifen (vor 2018 produziert) gilt noch eine Übergangsfrist bis zum 30. September 2024, die besagt, dass eine „M+S“-Markierung genügt.
Was sind die Unterschiede zwischen Sommer- und Winterreifen?
Der hauptsächliche Unterschied liegt darin, dass Winterreifen ihre beste Leistung bei kalten Temperaturen von unter 5°C zeigen. Sommerreifen dagegen funktionieren besser bei warmem Wetter. Winterreifen haben auf Schnee, Eis und Nässe einen sicheren Grip und verbrauchen gleichzeitig möglichst wenig Sprit.
Winterreifen bleiben bei Kälte deshalb geschmeidiger, weil sie einen höheren Anteil an Naturkautschuk besitzen. Denn je weicher ein Reifen, desto besser verzahnt er sich mit der Fahrbahnoberfläche. So sorgt der Reifen für einen guten Grip und ein somit für ein präzises Fahrverhalten. Winterreifen zeichnen sich durch ihr tiefes und breites Profil aus. Die Rillen in der Lauffläche haben die Aufgabe, Schnee aufzunehmen, denn es haftet nichts besser auf Schnee als Schnee. Dieser drückt sich in die breiten Profilrillen und durch den verbesserten Grip der Reifen auf verschneiten oder vereisten Straßen verbessert sich der Vortrieb des Fahrzeugs. Die Profilflächen von Winterreifen weisen tausende winziger Einschnitte auf, sogenannte Lamellen. Diese verkanten sich in Schnee, Matsch und Eis und verbessern so die Haftung auf der Straße. Zusätzlich leiten sie Wasser ab und schützen so vor gefährlichem Aquaplaning.
Die Unfallgefahr durch eine falsche Reifenwahl ist enorm.
Ein enormes Risiko besteht für diejenigen Autofahrer, die bei winterlichen Straßenverhältnissen und Temperaturen von unter 5°C mit Sommerreifen unterwegs sind. Denn bereits bei Temperaturen von 5°C und darunter, wird die harte Gummimischung von Sommerreifen noch härter. Als Folge davon verlängert sich der Bremsweg erheblich. Reifentests der Continental AG haben gezeigt, dass ein Auto mit Winterreifen bei schneebedeckter Fahrbahn und einer Geschwindigkeit von 100 km/h 31 Meter braucht, bis es steht. Ein Auto mit Sommerreifen hingegen ist nach 31 Metern immer noch mit einer Geschwindigkeit von 35 km/h unterwegs und kommt erst nach 62 Metern zum Stehen. Fazit: Das Fahrzeug braucht auf verschneiter Fahrbahn doppelt so lange wie ein Auto mit Winterreifen.
Genauso gefährlich ist es, Winterreifen im Sommer zu fahren. Die aufgeheizten Straßen erwärmen das ohnehin weiche Gummi des Winterreifens und der hat somit kaum noch Haftung auf der Straße. Reifentests des Touring Club Suisse haben ergeben, dass, bei einer Temperatur von 20 bis 25°C, ein Auto mit Sommerreifen 35 Meter braucht, um von 100 km/h auf 0 km/h abzubremsen. Ein Auto mit Winterreifen hat nach 35 Metern noch immer 57 km/h auf dem Tacho und kommt erst nach 56 Metern zum Stehen.
Gibt es spezielle Winterreifen für Wohnmobile und Camper Vans?
Reisemobile und schwerere Wohnwagen erfordern aufgrund hoher Radlasten spezielle Reifen – auch im Winter. Auch sind Camper Vans oft mit Geschwindigkeiten unterwegs, die früher nur Pkw erreicht haben. Und so müssen diese Fahrzeuge mit Transporterreifen ausgestattet werden, die über die nötige Tragkraft verfügen und für hohe Geschwindigkeiten geeignet sind. Idealerweise sollten die Angaben auf den Reifen mit denen in den Fahrzeugpapieren übereinstimmen.
Transporterreifen haben oft den Nachteil, dass sie für den Alltag optimiert sind, also hauptsächlich für Kurz- und Mittelstreckenfahrten. Und für kürzere Standzeiten. Wohnmobilen sind aber meistens auf Mittel- und Langstreckenfahrten und stehen länger. Das kann sich negativ auf die Lebensdauer eines herkömmlichen Reifens für Transporter auswirken. Daher haben einige Reifenhersteller, zum Beispiel Continental und Michelin, inzwischen spezielle Pneus für Campingfahrzeuge im Angebot. Diese sind durch das Kürzel CP (Camping-Pneus) hinter der Bezeichnung des Reifens gekennzeichnet. Sie bieten eine besonders hohe Tragfähigkeit mit hohem Luftdruck. Das zusätzliche Gewicht der Campingausstattung und dessen Verteilung kann somit problemlos im Fahrzeug vorgenommen werden. Laut Angaben der Hersteller sind die Reifen besonders robust und haltbar und sollen die so genannten Standplatten verhindern. Leider sind diese speziellen Camping-Pneus bislang nur als Sommerreifen oder aber Allwetterreifen erhältlich. Reine Winterreifen für Camper sind derzeit noch nicht auf dem Markt.
Sind Ganzjahresreifen eine Alternative?
Diese Reifen sind speziell bei Fahrzeugen mit geringer Jahresfahrleistung eine Alternative zum permanenten Wechsel von Sommer- auf Winterreifen. Sie verfügen über das Schneeflocken-Symbol, womit sie dir rechtlichen Bedingungen für die Winterbereifung erfüllen. Die Gummimischung und das Profil sind so ausgelegt, dass sie auch in der heißen Jahreszeit eine sichere Fahrt gewährleistet ist. Fast alle Reifenhersteller haben inzwischen Ganzjahresreifen für Transporter und Reisemobile im Programm.
Doch Achtung: Ganzjahresreifen sind keine Universalgenies. Sie stellen einerseits einen guten Kompromiss dar für Gegenden, wo extreme winterliche Verhältnisse nicht die Regel sind. Für Camper, die mit ihrem Wohnmobil zum Wintercamping in die Berge fahren, stellen Ganzjahresreifen meist keine Alternative zum Winterreifen dar.
Gibt es eine situative Winterreifenpflicht für Anhänger und Wohnwagen?
Grundsätzlich nein. Für Anhänger und Caravan fordert die Straßenverkehrsordnung in Deutschland generell keine Winterbereifung. Anhänger und Wohnanhänger gelten nicht als eigenständiges Fahrzeug. Das betrifft sowohl gebremste als auch ungebremste Anhänger. Dies gilt auch in vielen europäischen Ländern. Wer mit seinem Wohnwagen auch im Winter unterwegs ist und eventuell sogar damit in schneereiche Gebiete in den Winterurlaub fährt, sollte aus Sicherheitsgründen und im eigenen Interesse immer eine Winterbereifung – oder zumindest Allwetterreifen – aufziehen.
Besonders gebremste Anhänger sollten mit Winterreifen bestückt werden, denn diese sollten in der Lage sein, auf Eis und Schnee zu bremsen, ohne zu blockieren. Wohnwagen sind auch den Seitenführungskräften in Kurven ausgesetzt und halten mit der entsprechenden Winterbereifung die Spur besser. Sind die Straßen stark verschneit, helfen Schneeketten die Traktion des Anhängers verbessern.
Winterreifenpflicht im Ausland
Wer seinen Winterurlaub im Ausland verbringt, sollte sich rechtzeitig darüber informieren, welche Vorschriften in Sachen Winterreifen und Schneeketten im jeweiligen Reiseland beziehungsweise Transitland gelten. Der ADAC informiert darüber, was Autofahrer in Österreich, Frankreich, Italien, der Schweiz und vielen weiteren europäischen Ländern beachten müssen.
EEE Mehr Informationen zum Thema Winterreifen gibt es beim ADAC
www.adac.de/-/media/pdf/tet/adac-broschure-winter-u-ganzjahresreifen-2022.pdf
Text: Volker Ammann, Quelle: teilweise ADAC (Alle Angaben ohne Gewähr. Stand: Mai 2021), Titelbild: c/o AdobeStock, Igor